I will review Mona Chollet’s “Wir müssen die Liebe neu erfinden. Wie das Patriarchat heterosexuelle Beziehungen sabotiert” (We have to reinvent love. How the patriarchy sabotages heterosexual relationships) in German because a publisher kindly provided me with a German review copy of the book. However, you can find an English book review on the second page of this post.
Eins meiner liebsten Bücher im letzten Jahr war “Radikale Zärtlichkeit. Warum Liebe politisch ist” von Şeyda Kurt, indem Kurt mit einem intersektional-feministischen Blick dem Thema Liebe auf den Grund gegangen ist. Als ich also vor ein paar Wochen von Mona Chollets “Wir müssen die Liebe neu erfinden. Wie das Patriarchat heterosexuelle Beziehungen sabotiert” gehört habe, war ich natürlich gespannt, tiefer in die Thematik einzutauchen!
In “Wir müssen die Liebe neu erfinden” nimmt Chollet sich heteronormative Stereotype und Beziehungsdynamiken zur Brust und versucht darzulegen, wie das Patriarchat es Männern und Frauen erschwert, erfüllte und glückliche Beziehungen miteinander zu führen. In vier Kapiteln widmet sie sich dabei Themen wie Beziehungsgewalt, der Erotisierung von männlicher Dominanz, dem Ideal der unterlegenen Frau und selbstbestimmter Sexualität.
“Wir müssen die Liebe neu erfinden” bietet einen breiten Ritt durch Kultur, Philosophie, Wissenschaft und Feminismus und ergründet anhand verschiedenster Beispiele die Möglichkeiten heterosexueller Liebe und Begehrens im Patriarchat. Dabei zeigt das Buch immer wieder auf wie heteronormative Sozialisierung und strikte Rollenvorstellung von ‚dem Mann‘ und ‚der Frau‘ es erschweren, gleichberechtigte Beziehungen zu führen. “Wir müssen die Liebe neu erfinden” erinnert immer wieder daran, dass man in Liebesdingen (wie auch sonst im Leben) seinen eigenen Weg gehen sollte und für sich herausfinden sollte, welche gesellschaftlichen Vorstellungen zu einem passen und welche man vielleicht getrost aus dem Fenster werfen kann.

Mir gefiel besonders Chollets Problematisierung der Fetischisierung von Frauen of colour, die wieder einmal aufzeigt, wie Kolonialisierung und Orientalismus bis heute ihre Spuren in unserem Alltag hinterlassen. Auch der Einblick in den französischen Diskurs und Chollets persönliche Perspektive auf das Thema Liebe waren für mich spannend, da sie mir neue Eindrücke boten – aus einem anderen Land und von einer Autorin mit mehr Lebenserfahrung als ich.
Für mich schien Chollet jedoch teils die Zuschreibungen zu reproduzieren, die sie analysierte. So kam es teilweise zu generalisierten Aussagen, auch wenn diese durch Forschung oder Beobachtungen fundiert waren, hätte ich mir persönlich eine differenziertere Herangehensweise gewünscht. Bei der Übersetzung von “Wir müssen die Liebe neu erfinden” wäre an einigen Stellen mehr Sensibilität gegenüber verletzenden oder veralteten Begriffen angebracht gewesen. Auch wenn einige Worte vielleicht im Französischen nicht als problematisch betrachtet werden, finde ich, dass man in einer Übersetzung trotzdem die Reproduktion rassistischer Begriffe im Deutschen (in diesem Fall das Z-Wort) vermeiden sollte.
Trotzdem bot mir “Wir müssen die Liebe neu erfinden” insgesamt eine spannende und schnelle Lektüre. Neben bekannten Themen aus der feministischen Kritik (wie beispielsweise der Umgang von Medien und Justiz mit Gewalt gegen Frauen) lernte ich so auch interessante neue Konzepte wie die “deep heterosexuality” von Jane Ward kennen. Auch wenn ich Chollet nicht in all ihren Analysen oder Beobachtungen zustimmen würde, so bot mir “Wir müssen die Liebe neu erfinden” viele neue Impulse, um das Thema Liebe im Patriarchat aus neuen Blickwinkeln zu betrachten.
Vielen Dank an den Dumont Verlag für das Leseexemplar! Hier könnt ihr mehr über “Wir müssen die Liebe neu erfinden” von Mona Chollet erfahren.
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