Other than usual I will review Florence Given’s “Women Don’t Owe You Pretty” in German today because a German publisher kindly provided me with a review copy of its German translation “Frauen Schulden Dir Gar Nichts”. However, you can find an English book review on the second page of this post.
Ich hatte „Frauen Schulden Dir Gar Nichts“ von Florence Given schon lange vor seiner Übersetzung ins Deutsche auf meinem Radar. Ein Bestseller, der so erfolgreich ist und zudem auch noch ein Thema behandelt, das mich interessiert (Feminismus!), lässt sich schließlich nur schwer ignorieren, wenn man sich in der Online-Buchcommunity herumtreibt.
Trotzdem hat es aufgrund meiner langen Leseliste (und der traurigen Tatsache, dass auch mein Tag nur 24 Stunden hat), bis 2022 gedauert, dass ich endlich „Frauen Schulden Dir Gar Nichts“ lese – umso besser, denn auch in diesem Jahr erscheint die deutsche Übersetzung von Eva Horn und Kathrin Weßling bei Kiepenheuer & Witsch.
In „Frauen Schulden Dir Gar Nichts“ setzt sich die britische Autorin und Künstlerin Florence Given mit Feminismus auseinander und mit all den Fragen und Themen, die zwangsläufig aufkommen, wenn man beginnt, sich mit Feminismus auseinanderzusetzen. Sie schreibt über Slutshaming, Selbstliebe, den male gaze, Dating, Misogynie, Queerness und Geschlechterrollen.

Dabei spricht Given ihre Leser*innen direkt an, wodurch das Buch sich teilweise wie ein Ratgeber liest. Aber dieser direkten Ansprache und der persönlichen Perspektive, aus der Given feministische Themen vorstellt, ist es auch zu verdanken, dass das “Frauen Schulden Dir Gar Nichts” so nahbar und leicht zugänglich ist. So gibt Given in ihrem ersten Buch einen mal lustigen, mal intimen, mal verletzlichen Einblick in Feminismus und ihren persönlichen Findungsprozess.
Ich persönlich bin kein großer Fan von Selbsthilfe-Literatur, weil diese mir oft das Gefühl gibt, dass Bücher (oder ihre Autor*innen) mich bevormunden: Deshalb war die unverblümte und direkte Art, mit der Given sich an ihre Leser*innen richtet, nicht immer mein Geschmack. Trotzdem finde ich, dass viele ihrer Ratschläge und Beobachtungen sehr klug und zutreffend sind.
Ein persönliches Highlight war für mich die graphische Gestaltung von „Frauen Schulden Dir Gar Nichts“! Mir haben besonders die Illustrationen und das farbenfrohe Layout des Buches gefallen. Für mich war es eine Freude, die Seiten umzublättern und zu entdecken, welche Illustrationen, Zitate und Kunst sich auf den nächsten Seiten befindet!
“Feminismus wird dein Leben ruinieren (auf die bestmögliche Weise)”
„Frauen Schulden Dir Gar Nichts“ gibt einen guten Einblick in verschiedene Aspekte des Feminismus und lädt die Leser*innen dazu ein, das eigene Verhalten und internalisierten Vorstellungen von Geschlecht zu reflektieren. Dabei ist das Buch nie zu kompliziert sondern bleibt immer auf einer Ebene mit seinen (vermutlich jungen) Leser*innen.
Für mich persönlich fehlte es dem Buch jedoch teilweise an Tiefgang. Einige Themen und Ideen wurden meiner Meinung nach zu einfach abgehandelt und hätten eine genauere Betrachtung verdient (z.B. Sexarbeit oder der male gaze). Diese Kritik liegt aber auch in meiner individuellen Perspektive als Leserin begründet.
Als eine Person, die sich bereits seit Jahren mit feministischen Diskursen befasst und zudem Gender Studies studiert, bringe ich natürlich mehr Vorwissen als andere Lesende mit, für die „Frauen Schulden Dir Gar Nichts“ vielleicht der erste Kontakt mit feministischer Literatur ist. Wäre ich 16 oder 18 oder sogar 20 gewesen und hätte dieses Buch zum ersten Mal gelesen, wäre „Frauen Schulden Dir Gar Nichts“ für mich erhellend und unfassbar lehrreich gewesen!

Die Übersetzung von Eva Horn und Kathrin Weßling finde ich im Großen und Ganzen gelungen. Den Witz, Humor und persönlichen Ton eine*r Autor*in zu treffen ist immer schwierig. Zudem noch verschiedene theoretische Begriffe passend zu übersetzen, ist eine beeindruckende Leistung! Allerdings gab es ein, zwei Stellen, bei denen in meinen Augen eine andere Übersetzung vielleicht passender gewesen wäre („Genderollen“).
Besonders aufgefallen ist mir die Verwendung von „Transpersonen“. Diese Schreibweise wird von Menschen aus der Community kritisiert, weil sie trans Personen auf eine Eigenschaft reduziert (siehe z.B. “Ich bin Linus” von Linus Giese). In der deutschen Medienlandschaft kursieren zwar diverse Schreibweisen, um trans Personen oder wahlweise auch “Trans*Personen” oder “Transpersonen” zu schreiben. Allerdings ist trans ebenso wie cis ein Adjektiv, da es nur eine von vielen Eigenschaften einer Person beschreibt. Es wäre schön, wenn die Schreibweise des Begriffs in zukünftigen Ausgaben korrigiert werden könnte.
Ein Thema, das ich in dieser Rezension nicht unter den Tisch fallen lassen wollte, sind die Plagiatsvorwürfe, die gegen Given geäußert wurden. Die Britisch-Nigerianische Autorin Chidera Eggerue, bekannt als The Slumflower, warf Given vor in „Frauen Schulden Dir Gar Nichts“, signifikant aus ihren Büchern abgeschrieben zu haben. Ich habe Eggerue’s Bücher nicht gelesen und kann deshalb dazu kein Urteil bilden, aber für diejenigen von euch, die gerne mehr dazu erfahren wollen, kann ich diesen Artikel zu dem Thema empfehlen.
Frauen Schulden Dir Gar Nichts!
Alles in allem war „Frauen Schulden Dir Gar Nichts“ für mich eine unterhaltsame, informative und interessante Lektüre. Obwohl ich mit vielen der Kerngedanken und Themen bereits vertraut war, hat es viel Spaß gemacht, sie mit Givens unverblümte Perspektive von einer neuen Seite zu betrachten.
Für Menschen, die sich bereits viel mit Feminismus und feministischer Literatur befasst haben, ist dieses Buch vielleicht etwas zu basic. Aber für die Zielgruppe (jung, weiblich, weiß) bietet es einen lebendigen Einblick in die Kerngedanken des Feminismus und lädt dazu ein, patriarchale Vorstellungen und Erwartungen zu hinterfragen. Es ist die Art von Buch, die ich meinem 16-Jährigen Ich gerne in die Hand gedrückt hätte und die ich jetzt vermutlich fleißig an meine jüngeren Verwandten weiter empfehlen werde.
Vielen Dank an Kiepenheuer & Witsch für dieses Leseexemplar! Hier könnt Ihr mehr über das Buch erfahren.
Habt ihr „Frauen Schulden Dir Gar Nichts“ gelesen? Wenn ja, wie hat das Buch euch gefallen?
Abonniert gerne meinen Newsletter oder folgt mir auf Instagram, um über kommende Blogposts und Rezensionen auf dem Laufenden zu bleiben.